Montag, 1. Januar 2018

Krise nach Skandal-Wahl in Honduras spitzt sich weiter zu

Spannungen zwischen politischer Führung von Honduras und Regionalorganisation OAS. Dialogprozess scheitert. Repression von Protest 
Daniela Dreißig amerika21
Demonstranten stehen im Stadtteil El Sitio von
Tegucigalpa  Polizisten gegenüber Quelle: Luis Mendez
Tegucigalpa. Die Spannungen zwischen der honduranischen Regierung und der
Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) verschärfen sich weiter. Die OAS hat beantragt, einen Sonderbeauftragten nach Honduras zu entsenden, um die Umstände der bereits 34 registrierten Todesfälle nach den Wahlen zu ermitteln.

Darüber hinaus solle die Situation der Proteste vor Ort beobachtet und mit Inhaftierten gesprochen werden, die wegen ihrer Beteiligung an den Protesten festgenommen wurden. Die Wahlbeobachtermission der OAS hatte in ihrem zweiten Bericht die zahlreichen Unregelmäßigkeiten vor, während und nach den Präsidentschaftswahlen vom 26. November aufgeführt. Der OAS-Generalsekretär Luis Almagro empfahl in dem Nachrichtendienst Twitter Neuwahlen anzuberaumen. Die kritische Position der US-nahen OAS hat viele Beobachter überrascht, zumal die EU und ihre Mitgliedsstaaten angesichts des mutmaßlichen Wahlbetrugs bisher passiv blieben.

Über 30 Menschen sollen von bewaffneten Kräften der Regierung seit der 
Die honduranische Regierung lehnt sowohl den Antrag als auch den Bericht der OAS zu den Wahlen ab. Trotz der massiven Proteste und den Unregelmäßigkeiten rief die Oberste Wahlbehörde den amtierenden Präsidenten Juan Orlando Hernández als Gewinner aus. Seine erneute Kandidatur ist laut honduranischer Verfassung illegal, wurde jedoch durch den von dem Regierungslager dominierten Obersten Gerichtshof zugelassen. Am 27. Januar 2018 soll die offizielle Amtsübernahme stattfinden.

Ein von Hernández einberufener Dialogprozess wird von der politischen Opposition abgelehnt. Die Einberufung einer verfassungsgebenden Versammlung und der damit einhergehenden Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit könne die politische Krise als Folge des Putsches von 2009 beheben, heißt es von dieser Seite.
Die Proteste in Honduras reißen nicht ab und drohen sogar an 
In den nächsten Wochen werden die Proteste vor diesem Hintergrund mutmaßlich wieder zunehmen. Die Menschenrechtslage bleibt weiterhin prekär. In den letzten Tagen häufen sich Berichte über politische Verfolgungen von Protestierenden durch Polizei und Militärpolizei. Die Inhaftierten werden unter anderen der Brandstiftung und Inbesitznahme polizeilicher Ausrüstung beschuldigt.

Martín Fernández, Koordinator der Menschenrechtsorganisation Movimiento Amplio, schildert zudem die Verfolgung in San Juan Pueblo im nördlichen Department Atlántida: Es seien Flugblätter mit Fotos und Namen von angeblich führenden Personen des Wahlbündnisses Allianz der Opposition aufgetaucht. Die darauf abgebildeten Personen sollen für das Organisieren der Straßenblockaden in den Gemeinden nach Bekanntwerden des Wahlbetruges verantwortlich sein. Die Bevölkerung wird darin aufgefordert, diese Personen anzuzeigen. Es seien auch Personen abgebildet, die nicht an den Blockaden beteiligt waren. Fernández vermutet, dass hinter dieser Aktion der Mitglieder der Regierungspartei stehen.

Die Opposition erkennt das Ergebnis der Chaos-Wahl in Honduras
Guadalupe Ruelas, Direktor der Menschenrechtsorganisation Casa Alianza, äußert sich besorgt über die "systematische Jagd auf Demonstranten", die gegen den Wahlbetrug protestierten. "Dies sind Reaktionen, Taktiken und Strategien, um Terror zu verbreiten und einem möglichen Widerstand entgegen zu wirken." Hingegen sei bisher kein Schuldiger festgenommen worden, der im Zusammenhang mit einem der 34 Todesfälle steht. Während der überwiegend friedlichen Proteste wurde mehrfach berichtet, dass besonders die Militärpolizei schwere Menschenrechts-verletzungen verübe, Tränengas einsetzt und mit scharfer Munition auf die Protestierenden schießt.

Aus Deutschland äußerte sich Heike Hänsel, die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, in einer Pressemitteilung zum Wahlergebnis und den schweren Menschenrechts-verletzungen. Sie gab zudem zu bedenken, dass die Anerkennung des Wahlergebnisses durch die Bundesregierung die politische Krise in dem mittelamerikanischen Land weiter verschärfen würde. Auch würde die Bundesregierung sich damit zum Komplizen eines autoritären Regimes machen.