Montag, 22. Januar 2018

Polizei und Militär auf allen Straßen


Das Parlament wurde abgeriegelt, Abgeordneten der Opposition das Rederecht verweigert. Weiterhin Verletzte und zahlreiche Festnahmen

(22. Januar - HondurasDelegation) Am Sonntagmorgen wurden mit den Stimmen der Nationalen Partei (PN) sowie den Stimmen von sechs Abgeordneten von Kleinparteien der vorübergehende Vorstand des Parlaments gewählt. Mauricio Oliva (PN) ist damit Parlamentspräsident, Dennis Castro Bobadilla von der Patriotischen Allianz (AP) sein Vize und Tomás Zambrano (PN) Sekretär. Die Patriotische Allianz stellt sich damit ganz auf die Seite der Nationalen Partei. Ihr Parteivorsitzender Romeo Vásquez Velásquez war als damaliger Oberkommandierender der Armee 2009 mitverantwortlich für den Putsch gegen Manuel Zelaya. Weitere Stimmen für den Vorstand kamen von den Christdemokraten und der Demokratischen Union. Abgeordnete der Liberalen Partei, der Partei Freiheit und Neugründung (LIBRE) und der Kleinpartei PINU-SD beklagen hingegen, dass versucht wurde, sie von der Wahl auszuschließen. Die Wahl war ursprünglich für 9 Uhr morgens angesetzt gewesen, wurde aber kurzfristig auf 7 Uhr vorgezogen. Der liberale Abgeordnete Darío Banegas erklärte seine Partei habe nicht einmal Zeit gehabt, einen eigenen Kandidaten für den Parlamentsvorsitz aufzustellen, ihm wie auch anderen Abgeordneten der Opposition wurde kein Rederecht gewährt.

Einsatz scharfer Munition in San Pedro Sula, San Juan Pueblo und Tegucigalpa

Während am frühen Sonntagmorgen der Nationalkongress zusammentrat, waren die Zufahrtsstraßen stark militarisiert. Demonstrierende in der Hauptstadt Tegucigalpa trafen sich in der Nähe des Stadions, konnten aber nicht zum Parlament vordringen.
Auch in anderen Landesteilen demonstrierten die Menschen weiterhin gegen den Wahlbetrug und besetzten Straßen. In sozialen Netzwerken wurde unter anderem über Proteste in Choloma, San Pedro Sula und im Department Intibucá berichtet. Der Sprecher der Nationalpolizei Yaír Meza sagte hingegen gegenüber Proceso Digital, dass es nur in Tegucigalpa und im Department Colón Demonstrationen gebe. „Aus dem Rest des Landes sind keine Blockaden bekannt und wir werden dagegen vorgehen, wenn friedliche Proteste in Gewalt umschlagen.“ Meza kündigte auch weiterhin gemeinsame Operationen mit den Streitkräften an. „Die Nationalpolizei wird begleitet von den honduranischen Streitkräften Operationen durchführen, um den freien Personenverkehr zu schützen“, so Meza. Auf diese Weise wird erneut die Aufforderung der UNO ignoriert, nicht mit Militär gegen Demonstrierende vorzugehen.

Polizei und Spezialeinheit COBRA riegeln am Sonntag die Straßen in Tegucigalpa ab. Quelle: Luis Méndez
So sind Polizei und Militär massiv auf den öffentlichen Straßen präsent, maskierte Ordnungskräfte patrouillieren auf den Fahrzeugen mit Maschinengewehren im Anschlag. Die Gruppe Honduras Solidarity Network berichtet auf ihrem Twitter-Account über verschiedene Übergriffe auf Protestierende. So sei in San Pedro Sula und in San Juan Pueblo mit scharfer Munition geschossen worden, wobei mindestens eine Person verletzt und in ein Krankenhaus gebracht wurde. Mindestens 15 Personen seien festgenommen worden, darunter ein Minderjähriger. Ein gestern veröffentlichtes Video dokumentiert wie Soldaten im Stadtteil Villanueva in Tegucigalpa auf die Bevölkerung schießen. 

Protestierende hätten außerdem über den stärkeren Einsatz Tränengases als bislang üblich berichtet. Eine junge Frau musste in Tegucigalpa nach einem Tränengaseinsatz medizinisch behandelt werden.

Mitglieder des MADJ wieder frei

Die drei am Sonntag verhafteten Mitglieder der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation MADJ befinden sich wieder auf freiem Fuß. Einer von ihnen hat aufgrund illegaler Festnahme und Folter Anzeige erstattet. Im Fall des am Freitag festgenommenen Aktivisten Edwin Robles Espinal soll es am Montagmorgen eine gerichtliche Anhörung geben. Bertha Oliva, Koordinatorin der Menschenrechtsorganisation COFADEH erklärt dazu in der Sendung „Voces contra el Olvido“: „Wir haben Gewissheit, dass der Staat die Kampagnen der Delegitimierung, der Kriminalisierung und des Hasses gegen die verschiedenen Menschenrechtsverteidiger*innen und führende Personen der sozialen Bewegungen im ganzen Land befördert. Sie werden nicht nur verbreitet, um Angst zu säen, sondern auch, um willkürliche, illegale, ungerechte und unmenschliche Festnahmen zu legitimieren und ebenfalls ungerechte und nicht der Wahrheit entsprechende Urteile umzusetzen.“