Das Parlament wurde abgeriegelt, Abgeordneten der Opposition das Rederecht verweigert. Weiterhin Verletzte und zahlreiche Festnahmen
(22. Januar - HondurasDelegation) Am Sonntagmorgen wurden mit den Stimmen der Nationalen
Partei (PN) sowie den Stimmen von sechs Abgeordneten von Kleinparteien der
vorübergehende Vorstand des Parlaments gewählt. Mauricio Oliva (PN) ist damit
Parlamentspräsident, Dennis Castro Bobadilla von der Patriotischen Allianz (AP)
sein Vize und Tomás Zambrano (PN) Sekretär. Die Patriotische Allianz stellt sich damit ganz auf die Seite der Nationalen
Partei. Ihr Parteivorsitzender Romeo Vásquez Velásquez war als damaliger
Oberkommandierender der Armee 2009 mitverantwortlich für den Putsch gegen
Manuel Zelaya. Weitere Stimmen für den Vorstand kamen von den Christdemokraten
und der Demokratischen Union. Abgeordnete der Liberalen Partei, der Partei
Freiheit und Neugründung (LIBRE) und der Kleinpartei PINU-SD beklagen hingegen,
dass versucht wurde, sie von der Wahl auszuschließen. Die Wahl war ursprünglich
für 9 Uhr morgens angesetzt gewesen, wurde aber kurzfristig auf 7 Uhr
vorgezogen. Der liberale Abgeordnete Darío Banegas erklärte seine Partei habe
nicht einmal Zeit gehabt, einen eigenen Kandidaten für den Parlamentsvorsitz
aufzustellen, ihm wie auch anderen Abgeordneten der Opposition wurde kein
Rederecht gewährt.
Einsatz scharfer
Munition in San Pedro Sula, San Juan Pueblo und Tegucigalpa
Während am frühen Sonntagmorgen der Nationalkongress
zusammentrat, waren die Zufahrtsstraßen stark militarisiert. Demonstrierende in
der Hauptstadt Tegucigalpa trafen sich in der Nähe des Stadions, konnten aber
nicht zum Parlament vordringen.
Auch in anderen Landesteilen demonstrierten die Menschen
weiterhin gegen den Wahlbetrug und besetzten Straßen. In sozialen Netzwerken
wurde unter anderem über Proteste in Choloma, San Pedro Sula und im Department
Intibucá berichtet. Der Sprecher der Nationalpolizei Yaír Meza sagte hingegen
gegenüber Proceso Digital, dass es nur in Tegucigalpa und im Department Colón
Demonstrationen gebe. „Aus dem Rest des Landes sind keine Blockaden bekannt und
wir werden dagegen vorgehen, wenn friedliche Proteste in Gewalt umschlagen.“
Meza kündigte auch weiterhin gemeinsame Operationen mit den Streitkräften an.
„Die Nationalpolizei wird begleitet von den honduranischen Streitkräften
Operationen durchführen, um den freien Personenverkehr zu schützen“, so Meza. Auf diese Weise wird erneut die Aufforderung der UNO ignoriert, nicht mit
Militär gegen Demonstrierende vorzugehen.
Polizei und Spezialeinheit COBRA riegeln am Sonntag die Straßen in Tegucigalpa ab. Quelle: Luis Méndez |
So sind Polizei und Militär massiv auf den öffentlichen
Straßen präsent, maskierte Ordnungskräfte patrouillieren auf den Fahrzeugen mit
Maschinengewehren im Anschlag. Die Gruppe Honduras Solidarity Network berichtet
auf ihrem Twitter-Account über verschiedene Übergriffe auf Protestierende. So
sei in San Pedro Sula und in San Juan Pueblo mit scharfer Munition geschossen
worden, wobei mindestens eine Person verletzt und in ein Krankenhaus gebracht
wurde. Mindestens 15 Personen seien festgenommen worden, darunter ein
Minderjähriger. Ein gestern veröffentlichtes Video dokumentiert wie Soldaten im
Stadtteil Villanueva in Tegucigalpa auf die Bevölkerung schießen.
Protestierende hätten außerdem über den stärkeren Einsatz Tränengases
als bislang üblich berichtet. Eine junge Frau musste in Tegucigalpa nach einem
Tränengaseinsatz medizinisch behandelt werden.
Mitglieder des MADJ
wieder frei
Die drei am Sonntag verhafteten Mitglieder der Umwelt- und
Menschenrechtsorganisation MADJ befinden sich wieder auf freiem Fuß. Einer von
ihnen hat aufgrund illegaler Festnahme und Folter Anzeige erstattet. Im Fall
des am Freitag festgenommenen Aktivisten Edwin Robles Espinal soll es am Montagmorgen
eine gerichtliche Anhörung geben. Bertha Oliva, Koordinatorin der
Menschenrechtsorganisation COFADEH erklärt dazu in der Sendung „Voces contra el
Olvido“: „Wir haben Gewissheit, dass der Staat die Kampagnen der
Delegitimierung, der Kriminalisierung und des Hasses gegen die verschiedenen
Menschenrechtsverteidiger*innen und führende Personen der sozialen Bewegungen
im ganzen Land befördert. Sie werden nicht nur verbreitet, um Angst zu säen,
sondern auch, um willkürliche, illegale, ungerechte und unmenschliche
Festnahmen zu legitimieren und ebenfalls ungerechte und nicht der Wahrheit entsprechende
Urteile umzusetzen.“