(26.01.2018 - HondurasDelegation) Die
Änderung des Haushaltsgesetzes, das Ermittlungen gegen Abgeordnete
wegen Korruptionsverdacht unterbindet, stößt auf breite Kritik.
Nicht nur die Unterstützermission gegen Korruption und
Straflosigkeit (MACCIH) beurteilte die Entscheidung scharf. Auch die
Repräsentantin der US-Regierung Heide Fulton wurde widererwartend
deutlich. Auf ihrem Twitter-Account stellte sie klar:
„Diese
Aktion ist ein monumentaler Rückschritt beim Kampf gegen die
Korruption. Der Kongress muss jetzt reagieren und diesen gefährlichen
Fehler korrigieren. „Die Tage der MACCIH scheinen nun gezählt.
Wilfredo Méndez, Direktor der Menschenrechtsorganisation (CIPRODEH)
äußerte sich gegenüber Critero: „Die MACCIH wird das Land verlassen.
Die Mission sei nun handlungsunfähig, weil das System der Korruption
nun perfektioniert sei. Hinter der Wahl und ihrer Durchsetzung stecke
das Ziel, „die totale Kontrolle über alles zu haben.“
Wie nun bekannt wurde, habe der neue,
erst vorige Woche vereidigte Polizeichef José David Aguilar Morán,
2013 offenbar einem Drogenkartell dabei geholfen, große Mengen
Kokain zu schmuggeln. Noch bei seiner Amtseinführung versprach er,
die eigenen Reihen von Korruption und der Verstrickung mit
Drogenkriminalität zu reinigen.
Hieran dürfte das europäische Parlament interessiert sein, da die
Kommission der polizeilichen Säuberung und Transformation unter anderem aus dem Programm
Eurojusticia finanziert wird.
Proteste und erste Sitzung des neuen
Kongresses
Anlässlich des „Honduranischen
Frauentages“ protestierten landesweit viele Frauen. In Tegucigalpa
wurde die erste Sitzung des
Parlaments genutzt, um kreative Protestaktionen zu
organisieren. Hunderte von Sicherheitskräften riegelten den Kongress
ab. Regina Fonseca von der Frauenorganisation CDM betonte, dass die
Frauen heute nichts zu feiern haben. Es gäbe viel von sich zu
weisen, „weil in diesem Land der wohl offensichtlichste Wahlbetrug
der Geschichte vonstatten gegangen ist.“
Protestmarsch anlässlich des Frauentages in Tegucigalpa Quelle: pasosdeanimalgrande.com |
In den Protestmärschen wurden Stimmen laut, die gegen das neoliberale, patriarchale und kapitalistische Modell skandierten. Bestimmendes Thema war die Konsolidierung der Diktatur, die von Seiten der Institutionen, der religiösen Führung und Wirtschaftseliten protegiert würde. Sie forderten die Demilitarisierung des weiblichen Körpers sowie der Territorien. Allein 2017 wurden 400 Frauen in Honduras ermordet, nur in den seltensten Fällen wurde ermittelt.
Dem Journalisten Cesar Silva hingegen, wurde trotz
offizieller Akkreditierung der Zutritt zum Kongress verwehrt. Er
arbeitet für den unabhängigen und regierungskritischen
Online-Sender UNE TV, deren Reporter*innen in den letzten Wochen
mehrmals Opfer von Übergriffen
wurden.
Die Gefährdungslage für
Menschenrechtsaktivist*innen ist nach wie vor hoch
Martín
Fernández, Koordinator der Menschenrechtsorganisation MADJ, der selbst seit den Wahlen vom 26. November 2017 mehrmals
bedroht wurde, sagte gegenüber dem Guardian: „Wir sind
an Bedrohungen gewöhnt, aber dieses Mal sind wir sehr besorgt. Es
gibt eine gut ausgestattete, gut koordinierte Operation, um soziale
Führungspersonen, die sich gegen das bestehende Wirtschaftsmodell stellen, zu
schikanieren, zu unterdrücken und zu eliminieren.“ Auch seien die
Proteste vom ersten Tag an infiltriert worden, um die Anführer*innen
zu identifizieren. Es wird von Listen berichtet, mit denen
Sicherheitskräfte in den Gemeinden gezielt nach Protagonist*innen
der Proteste fahnden.
Der nationale
Menschenrechtskommissar äußerte sich im unabhängigen Radio Progreso
indes besorgt über die anhaltende Straflosigkeit. Bis heute habe die
Staatsanwaltschaft keine Ermittlungen gegen Militärangehörige
eingeleitet, die an der Ermordung der Protestierenden beteiligt
seien.
Internationale
Solidarität
Seit Mittwoch
befindet sich eine Delegation von US-Amerikaner*innen in Honduras,
unter ihnen der bekannte Schauspieler Danny Glover. In einer
Pressekonferenz
stellten sie klar,
nach ihrer Rückkehr den Kongress und das State Departement
aufzufordern, ihre Politik gegenüber Honduras' zu ändern. Edy
Tábora, Anwalt der Organisation C-Libre, unterstrich ebenfalls, dass die
US-Regierung an der aktuellen Situation mitverantwortlich sei, da
sie andere Staaten und internationale Organisationen beeinflusse und somit die Anerkennung der illegitimen
Regierung Hernández massiv unterstütze. Er verdeutlichte weiter, dass der Protest der Honduraner*innen sich nicht nur auf den Wahlbetrug beziehe, sondern auch in der Verletzung von sozialen und kulturellen
Rechte liege. Mit dem Putsch im Jahr 2009 sei ein Wirtschaftssystem
implementiert worden, das auf Enteignung und Extraktivimus setze – und
über Leichen gehe.