Delegationsbericht 1
Nach einer rund 24stündigen Reise landen wir auf dem Flughafen von San Pedro Sula im Norden von Honduras und werden von einem Abgesandten von OFRANEH in Empfang genommen, der uns an die erste Station unserer Reise, die Bucht von Tela bringt. Dort liegen, westlich und östlich der Stadt Tela verschiedene Garífuna-Gemeinden, Triunfo de la Cruz, San Juan, Tornabé und Barra Vieja.
In San Juan werden wir bereits erwartet und direkt, noch bevor wir unsere Rucksäcke ausladen können, zur Begleitung einer kleinen Protestaktion eingeladen. Etwas müde aber gespannt fahren wir an den Ort des Protests. Hier erwarten uns einige Gemeindemitglieder, die Jüngste von ihnen ist sieben, der Älteste 72 Jahre. Es geht um einen Neubau auf dem angestammten Land der Garífuna-Gemeinde. Um darauf aufmerksam zu machen, wurde vor dem Haus ein Autoreifen in Brand gesetzt. Schnell machen wir unsere Aufnahmegerät und Kameras bereit und begeben uns mit der Gruppe von Protestierenden auf einen Rundgang. Denn der Ort des Protests ist bei weitem nicht das einzige Neubauprojekt auf den Territorien der Garífuna-Gemeinde.
© HondurasDelegation |
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An einem Arm der Lagune Los Micos steht eine ganze Siedlung von luxuriösen Ferienhäusern und auch hier wird offensichtlich weiter gebaut. Gleich hinter der Einfahrt sehen wir eine frisch mit Sand verfüllte Fläche, wo ein Teil der Lagune zugeschüttet wurde, dahinter außerdem zerstörte Mangroven. Offensichtlich illegale Aktivitäten, da die Lagune zu einem nach der RAMSAR-Konvention geschützten Feuchtgebiet gehört. Ein Stück weiter kommen wir an einem zum Verkauf stehenden Grundstück vorbei, das ebenfalls der Lagune abgerungen wurde.
Für den folgenden Morgen war vereinbart, dass wir um acht Uhr morgens an unserer Unterkunft abgeholt werden, doch schon als wir unser Frühstückslokal verlassen, werden wir gesucht. Dort, wo gestern protestiert wurde, würde heute weitergebaut und wir sollten schnell mitkommen. Wieder werfen wir hektisch das Nötigste in unsere Rucksäcke und brechen auf zur Baustelle, wo die Kämpfer*innen für die Landrechte der Garífuna bereits gegenüber versammelt sind. Doch zu unserem Erstaunen haben sie die Bauarbeiter bereits überzeugt, für heute ihre Arbeiten abzubrechen.
Weiter geht es zu unserem eigentlichen Tagesziel für heute, der Gemeinde Triunfo de la Cruz östlich der Stadt Tela. Wir halten am neu gebauten traditionellen Gesundheitszentrum, der „Casa de Salud Ancestral“. In zwei großen Töpfen dampft ein Sud aus Kräutern. Ein Tee aus traditionellen Heilkräutern soll das Immunsystem stärken. In der Covid19-Pandemie begannen die Gesundheitszentren in verschiedenen Gemeinden, diesen Tee zu verteilen. Denn einen Zugang zu medizinischer Versorgung gab und gibt es so gut wie nicht, die Gemeinden mussten sich selbst vor schweren Erkrankungen schützen. Insgesamt geht es in den traditionellen Gesundheitszentren darum, das Wissen über Heilkräuter und traditionelle Heilverfahren an die jüngeren Generationen weiterzugeben. Wir haben die Gelegenheit sowohl mit Heilkundigen älteren Frauen als auch mit ihren noch jugendlichen Schülerinnen zu sprechen.
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Am anderen Ende der Gemeinde wiederum befinden sich Grundstücke in den Händen von Drogenkartellen wie den „Cachiros“. Deren Präsenz hat dazu geführt, dass Gemeindemitglieder sich in diesem Gebiet nicht mehr trauen, ihre Felder zu kultivieren, weil sie Überfälle befürchten.
Mural für die Verschwundenen Aktivist*innen, © HondurasDelegation |
Wir sprechen auch über das gewaltsame Verschwinden von vier jungen Männern vor zwei Jahren das nach wie vor nicht aufgeklärt ist, weder wurden die Verschwundenen noch die Täter gefunden, OFRANEH fordert vom honduranischen Staat weiterhin Aufklärung. Unsere Gesprächspartner erzählen, wie sie an jenem Morgen versucht hatten, die Autos der schwerbewaffneten Entführer aufzuhalten, indem sie die Straße mit Steinen blockierten, aber letztendlich konnten sie gegen die Übermacht der Bewaffneten nichts ausrichten. Sie erzählen uns von den psychischen Folgen für die Familien der Verschwundenen genauso wie von ihrer Überzeugung, sich trotz der anhaltenden Gefahr weiter für die Landrechte der Gemeinde einzusetzen.