Donnerstag, 18. August 2022

Vallecito, 15. August

Delegationsbericht 5

Heute brechen wir zu einem kleinen Wochenendausflug ans Meer auf. Die Ladefläche des Pick-Ups wird mit dem Motor fürs Boot und einer Menge Kinder beladen, auch in der Fahrerkabine sitzen wir dicht gedrängt, zwei Motorräder ergänzen die kleine Reisegruppe. Wir fahren durch zwei unscheinbare Betonpfosten hindurch. Diese markieren die Grenze des Gebiets, das 2012 von den Garífuna mit einem Camp wieder in Besitz genommen werden konnte. Dahinter liegt das Gebiet, das sich Drogenhändler angeeignet hatten. Hier stehen die Schule und ein großer, offener Versammlungsraum. Der Weg führt an einer ehemaligen Start- und Landebahn der Drogenhändler entlang, auf der nun junge Kokospalmen wachsen. Drei Krater mit einem Durchmesser von etwa fünf bis sechs Metern sind die Hinterlassenschaft einer Bombardierung dieser Piste durch die Regierung im Jahr 2014. Eigentlich war die Zerstörung im Sinne der Garífuna, nur wurden die im Camp Anwesenden an dem Tag von der Aktion der Regierung überrascht, niemand hatte sie zuvor informiert, wird uns berichtet. Schließlich erreichen wir die Lagune, die hinter dichter Vegetation versteckt liegt. Dort, wo das Boot von Vallecito liegt, wird gerade ein neues Haus gebaut. Dort wird bald eine Familie einziehen, die sich dem Fischfang widmen wird.


Überreste einer Eisenbahnbrücke
aus der Zeit der Bananengesellschaften


Um das Boot mit dem Namen „Barauda“ überhaupt in Betrieb nehmen zu können, muss zunächst ein aggressiver Wespenschwarm abgewehrt werden, der in dem Baum darüber sein Nest hat. Ein Wasserstrahl aus einem mitgebrachten Sprühgerät hält die Insekten kurzzeitig in Schach. Die Mehrheit der Passagiere steigt jedoch an einer anderen Stelle zu, nämlich dort, wo die Überreste eines durchgerotteten Floßes liegen. Damit konnte man sich früher an einem Seil auf die andere Seite der Lagune ziehen – auf die vorgelagerte Sandbank und damit ans Meer. Heute nehmen wir einen weiteren Weg und tuckern langsam durch das bräunliche Wasser. Auf der linken Seite das imposante, in der Luft hängende Wurzelwerk der Mangroven. Nach einem kleinen Stück Fahrt treffen wir auf einen Seitenarm, in dem alte Holzpfeiler einer Brücke stehen. Diese stammen noch aus der Zeit, als ein großer Teil der honduranischen Atlantikküste in Händen der Bananengesellschaften waren. Die Brücke gehörte zu einer Eisenbahnlinie in Richtung Tela, über die die Früchte abtransportiert wurden. Nach einer Weile wird das Wasser klarer, die Vegetation auf der Sandbank dünner, über strahlend weißen Sand können wir nun aufs Meer blicken. Ganz zur Mündung der Lagune können wir nicht fahren, weil der Wasserstand zu niedrig und unser Boot zu voll beladen ist. Also klettern wir kurz davor auf die Sandbank und die Kinder stürmen sofort in die Wellen des Meeres. Während die einen baden, suchen die anderen auf der Landseite der Lagune nach Seetrauben (Uvas de playa), einer wilden süß-säuerlichen Frucht von der Größe von Weintrauben.

„Barauda“ legt an der Sandbank an

Obwohl das Meer fast vor der Haustür liegt, finden Ausflüge wie heute nicht so häufig statt, nur ab und an am Wochenende, oder, wenn eine Grippewelle die Gemeinde erwischt hat – die Garífuna setzen auf die Heilkräfte des warmen Meerwassers.

Heute haben wir die endlos wirkende Sandbank für uns alleine, doch von unseren Begleiter*innen aus der Gemeinde erfahren wir, dass der Palmölmagnat Miguel Facussé, bzw. dessen Erb*innen hier in der Nähe eines ihrer vielen Anwesen haben, ein Luxusressort mit allen Schikanen, wie uns versichert wird. Die dortigen Gäste reisen gerne mit Kleinflugzeugen oder Hubschraubern an und ein paar dieser Kleinflugzeuge hatten wir in den letzten Tagen schon am Himmel gesehen.